Egon Negele erhält Bundesverdienstkreuz am Bande

Feierliche Ordensverleihung am 17.September 2025

Kulturelles & soziales Engagement Sportbegeisterung & Parkinson

Für seine herausragenden Verdienste um das Gemeinwohl hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem 84-Jährigen Egon Negele das Verdienstkreuz am Bande verliehen. Am 17. Sept. 2025 wurde ihm der Orden im Rahmen einer kleinen Feier mit Bürgermeister Reiner Breuer im Neusser Rathaus durch Landrat Hans-Jürgen Petrauschke übergeben. Unter den Gästen waren neben Familie, Freunden und früheren Kollegen auch der Alt-Bürgermeister Herbert Napp sowie Persönlichkeiten, die mit Egons ehrenamtlichen Tätigkeiten verbunden. Das Rheinische Landestheater war z.B. vertreten durch Cornel Hüsch, dem Vorsitzenden des Trägervereins, Marie Johannsen, der Intendantin und dem Verwaltungsdirektor David Michalski. Anwesend war auch Muriel Gondesen, die Frau des früheren Verwaltungsdirektors Dirk Gondesen, der selbst leider verhindert war.

1941 in Oberau (Kreis Garmisch-Partenkirchen) geboren, kam Egon 1964 an den Niederrhein und begann eine Ausbildung für den gehobenen Dienst. Er war lange Zeit Leiter des Hauptamtes und verschiedener Bereiche der Stadt Neuss und schied als Leitender Stadtverwaltungsdirektor 2006 aus dem aktiven Dienst aus. Er arbeitete noch weitere drei Jahre als Leiter des Gebäudemanagements und zwei Jahre als Berater für die Datenverarbeitung. Dann brachte ihn die Diagnose Parkinson auf einen neuen Kurs.

Bereits seit den frühen 1970er Jahren engagierte sich Egon voller Energie für verschiedene caritative Einrichtungen sowie Kultur- und Sportvereine, teils über mehrere Jahrzehnte. Er war 10 Jahre lang Schatzmeister des Fördervereins Neusser Musikschule und 37 Jahre nebenamtlicher Geschäftsführer des Rheinischen Landestheaters (RLT). Er half jahrelang dem Altenheim in Glehn und sorgte mit seiner Musik-Band für gute Stimmung im Korschenbroicher Seniorenhaus. Als begeisterter Sportler führte er beim RLT den Betriebssport ein, trieb Sport mit den Bewohnern eines Seniorenheims und war 16 Jahre Vorsitzender des Neusser Skiclubs.

2007 erhielt Egon die Diagnose Parkinson und stellte sich auch dieser neuen Herausforderung mit gewohnter Tatkraft. Er trat der Deutschen Parkinson-Vereinigung bei, gründete eine Reha-Sportgruppe, wurde Regionalleiter der Neusser Parkinson-Gruppe und war mehrere Jahre im Bundesverband tätig. Als wichtige Hilfe für Menschen mit der neurodegenerativen Krankheit schrieb er einen mutmachenden Parkinson-Wegweiser.

Plötzlich Schatzmeister des Förderkreises Musikschule Neuss

Zu seinem ersten Ehrenamt kam Egon in den 1970er Jahren ganz ohne sein Dazutun. Er liebte Musik, er sang, spielte Gitarre, vertonte eigene Texte mit Musik und er hatte zu der Zeit eine Band, die regelmäßig in der Neusser Musikschule probte. Das alles qualifizierte ihn aufs Beste für das Amt des Schatzmeisters des neugegründeten Fördervereins Musikschule Neuss. So scheint es zumindest der damalige Stadtdirektor gesehen zu haben.

Er rief an, um Egon zu fragen, ob er die Funktion des Schatzmeisters übernehmen würde. Konnte ihn nicht jedoch nicht erreichen, da sich dieser gerade auf einer Dienstreise befand. Weil die Zeit drängte, schlug er Egon trotzdem in absentia bei den abendlichen Vorstandswahlen vor. Einen Tag später rief er wieder an, sprach mit Egons Frau und hatte die gute Nachricht, dass Egon einstimmig als Schatzmeister gewählt worden war. Als Egon von seiner Dienstreise nach Hause kam, gratulierte ihm seine Frau herzlich zu seinem neuen Amt. Ablehnen konnte er nicht, aber er wollte seinen Aufgabenbereich klar von den anderen Aufgaben abgrenzen. Das gelang und dann lief alles recht gut und Egon blieb über 10 Jahre in seinem Amt. 

Der Förderkreis existiert bis heute und unterstützt die Neusser Musikschule auf vielfältige Weise. Dazu gehört z.B. der Kauf neuer Instrumente bzw. die Reparatur vorhandener Instrumente und die Hilfe bei Konzerten und Veranstaltungen der Musikschule. Außerdem werden begabte SchülerInnen, der Ensemble Unterricht und die Orchesterarbeit gefördert. Ein weiteres schönes Projekt ist der Schnupperunterricht für „Mangelinstrumente“ wie z.B. Kontrabass oder Fagott…

37 Jahre Rheinisches Landestheater

Zu seinem Amt als nebenamtlicher Geschäftsführer des Rheinischen Landestheaters (RLT) kam Egon in den 1980er Jahren auf die klassische Weise: Es wurde händeringend jemand gesucht, jemand dachte an Egon, fragte ihn, er sagte zu und hatte ein neues Ehrenamt. Nach zwei Jahren beim RLT wurde zwar mit Dirk Gondesen ein hauptamtlicher Geschäftsführer eingestellt. Aber dieser war mit denVorsitzenden der Meinung: Negele muss bleiben. Daraus wurden dann 37 Jahre.

Ein Meilenstein während Egons Amtszeit war der Umbau des früheren (sorry) hässlichen Horten-Geschäftsgebäudes in ein strahlend modernes Stadttheater. Als nebenamtlicher Geschäftsführer gehörte das übliche Controlling zu seinen Aufgaben, er wirkte an der Aufstellung und Ausführung von Haushaltsplänen, Dienstanweisungen und ungezählten Problemstellungen mit. Als erklärter Sportler, führte er auch gleich den „Betriebssport“ im Theater ein. Drinnen im Foyer gab‘s Gymnastik und gegenüber auf der Rennbahn wurden die Nordic Walking Bahnen gezogen.

Egon war auch dabei, als der Nachbau des historischen Londoner Globe Theaters nach Neuss geholt wurde und auf der Rennbahn einen neuen Standort fand. “Der 12-eckige Theaterbau ist oben offen und zugig und wenn es zu kalt war, haben wir heiße Kartoffeln zum Wärmen ausgegeben. Später wurde dann auch eine Heizung installiert.“

Glehner Altenheim in Not

Als Egon Anfang der 1980er von der misslichen Situation des Glehner Altenheimes hörte, fackelte er nicht lange und half. Die jährlich wechselnden Schwester Oberinnen waren mit den anfallenden Verwaltungsarbeiten überfordert, das Heim musste dringend renoviert werden und das Thema Schließung stand im Raum. Egon veranlasste die Renovierung und konnte so den 32 Bewohnern ihre Wohnstätte noch acht Jahre erhalten. Egon war aber nicht nur „nebenamtlicher Geschäftsführer“ des Heims, sondern auch Retter aus mancher Not – quasi der Mann für fast alle Problemfälle.

„Herr Negele, bitte kommen Sie sofort! Hier steht ein LKW voller Toilettenpapier – die bestellende Schwester hatte nicht gewusst, dass eine Palette sehr viel Toilettenpapier ist und ein LKW voller Paletten – so meine überschlägige Bedarfsermittlung – für etwa 50 Jahre reichen würde. Einmal kam ein Anruf aus dem Möbelhaus mit der Bitte der Oberin, schnell zu kommen. Ich fuhr sofort los wie ich war: kurze Hose, barfuß in Turnschuhen, knappes Hemd. Auf der Fahrt kamen mir Bedenken. War das angemessen gegenüber einer Nonne? War es nicht, wir sind aber darüber hinweggekommen.

Auch meine Frau wurde eingespannt. Sie machte die Buchführung und fuhr im altersschwachen R4 mit der Küchenschwester einkaufen. Aber es war ein angenehmes Arbeiten mit den Schwestern. Wenn ich kam, wurde ich immer fürstlich bewirtet und auf dem Tisch stand eine Flasche Wein. Zu Weihnachten gab es kiloweise leckere Plätzchen aus der Küche…“

Musik & Sport im Seniorenhaus Korschenbroich

Auch im Seniorenhaus in Korschenbroich sorgte Egon über viele Jahre für gute Stimmung. Mit seiner Band veranstaltete er ab 2005 regelmäßige Musik-Nachmittage im Heim. Es wurde fröhlich geschwoft und gesungen.

Zusätzlich kam Egon einmal in der Woche ins Haus, um mit den Bewohnern Sport zu treiben. Auf dem Trainingsprogramm standen: Gymnastik, Kraftübungen und Sturzprophylaxe.

16 Jahre 1. Vorsitzender des Skiclub Neuss

Würde man am flachen Niederrhein wohl nicht erwarten, aber der Skiclub Neuss wurde tatsächlich schon Ende der 1940er Jahre gegründet. Kurz vor der Jahrtausend-Wende übernahm Egon den Vorsitz und das passte gut – wegen seiner Sportbegeisterung im Allgemeinen und seiner Freude am Skifahren im Besonderen. „Endlich wieder ein Vorsitzender, der den Parallelschwung beherrscht“ – freute sich eine Stimme nach seiner Wahl.

Für Egon und seine Lebensgefährtin Ulla, die ihn bei seiner neuen Aufgabe unterstützte, gab es einiges zu tun. Die Mitgliederzahlen waren in den letzten Jahren stark zurückgegangen, das Angebot war mäßig. Es fehlten Übungsleiter, also machten Egon und Ulla eine Übungsleiterausbildung.Einigen Spott hagelte es, als die beiden einem neuen Sport Trend folgten und als einer der ersten Sportvereine „Nordic Walking“ Kurse durchführten. „Wo habt ihr denn eure Skier gelassen? Habt ihr auch schon mal Schnee gesehen? Da kommt das Altenheim…“ Es wurde viel gelästert und gelacht, aber letztlich kam die Idee an. Nicht zuletzt durch die neue Sportart stiegen die Mitgliederzahlen wieder und konnten gehalten werden.

„Im Jahr 2000 wurde in Neuss die erste Skihalle in Deutschland in Betrieb genommen. Eine Sensation für unsere Region und wir rechneten damit, dass sich die Mitgliederzahlen des Skiclubs nun deutlich erhöhen würden. Die Skihalle ist bis heute ein großer Anziehungsmagnet, aber auf unsere Mitgliederzahlen hatte sie keinen Einfluss. Viele Skifreunde fanden die Nutzung zu teuer und wollten lieber weiterhin in der Natur Skifahren, statt in einer Halle.“

Deutsche Parkinson Vereinigung

Die Diagnose Parkinson war 2007 ein Schock für den sportbegeisterten Egon und warf viele Fragen auf. Wie würde sich die Krankheit auf seine Pläne und sein weiteres Leben auswirken? Wie konnte er sich seine Beweglichkeit noch lange erhalten? Sich bestmöglich zu informieren und einer Selbsthilfegruppe beizutreten, erschienen in diesem Zuge logisch. So wurde die Parkinson-Krankheit zu seiner neuen ehrenamtlichen, nein eigentlich zu einer neuen „hauptamtlichen“ Vollzeit-Aufgabe.

Schritt 1: Egon trat der Neusser Parkinson-Regionalgruppe bei, obwohl er befürchtete, dass er auf einen Haufen Leute trifft, die sich gegenseitig bedauern und rumheulen. Ganz so schlimm war es nicht, aber es war NIX los. Denn Schritt 2: Egon machte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Ulla den Reha-Trainingsschein für Neurologie und initiierte für die Mitglieder eine Reha-Sportgruppe, damit endlich mal was passierte. Der Rest war dann ein Selbstläufer. Nachdem er den Laden sportlich aufgemischt hatte, kam Bewegung in die Gruppe und Egon wurde kurz darauf zu ihrem neuen Leiter gewählt. Da es außer einer Weihnachtsfeier keine Veranstaltungen gab, konnte er ohne Bindungen alles neu aufbauen. Später mischte Egon auch einige Jahre im Vorstand der Deutschen Parkinson Vereinigung mit.

“Wir hatten ein volles Programm mit Vorträgen, Diskussionen, Wandern und anderen Aktivitäten und gewannen viele neue Mitglieder in unserer Gruppe – aktuell sind es rund 170. Im Alter verringert sich zwangsläufig die Anzahl der Menschen, mit denen man näheren Kontakt hat. Aber ich stelle fest, dass meine Erkrankung dazu geführt hat, dass mein Freundes- und Bekanntenkreis immer noch zu- und nicht abnimmt.“

Der Parkinson-Wegweiser

Jeder Erkrankte hat sein eigenes Parkinson und der Verlauf kann sich völlig von anderen unterscheiden. Aber es gibt dennoch viele Fragen und Probleme, mit denen sich fast jeder Parkinson-Patient auseinander setzen muss. Als Egon realisierte, dass sich die Fragen der Mitglieder in seiner Parkinson-Gruppe ähnelten und wiederholten, machte er sich an die Arbeit und verfasste einen Parkinson-Wegweiser.

Es begann als lose Blattsammlung mit nützlichen Erklärungen und Tipps. Die Seiten wurden kopiert und weiter gereicht, irgendwann wurde eine erste Broschüre gedruckt und dann war der Wegweiser so umfangreich, dass er 2019 als Buch im tredition Verlag (ISBN 9783347710955) aufgelegt wurde. Damit hatten nun auch andere Kranke, außerhalb der Neusser Parkinson-Gruppe Zugriff auf den mutmachenden Wegweiser. Seit 2025 liegt die dritte, erweiterte Auflage mit vielen neuen und aktuellen Themen vor. Auch konnte Egon mehrere renommierte Ärzte als Gastautoren gewinnen. So hat z.B. Prof. Dr. Dirk Woitalla, Chefarzt der Katholischen Kliniken der Ruhrhalbinsel, einen Beitrag zum Thema Fahrtauglichkeit und Parkinson verfasst.

Ein sehr spannendes neues Kapitel ist Egons Erfahrungsbericht mit der lang ersehnten Produodopa-Pumpe. Auf ihre Zulassung haben viele Patienten ungeduldig gewartet, da sie nicht nur eine Verbesserung der Beweglichkeit, sondern auch eine einfachere Handhabung verspricht. In diesen Punkten ist sie tatsächlich ein Erfolg, Egons Beweglichkeit hat sich deutlich verbessert, aber es gibt auch unangenehme Nebenwirkungen…

Der Parkinson-Wegweiser wurde von Betroffenen für Betroffene geschrieben und gibt auf 132 Seiten kompakt und leicht verständlich einen Überblick über die wesentlichen Aspekte der Krankheit. Der Leser findet viele wertvolle Tipps zur Verbesserung der Lebensqualität und für den Alltag mit Parkinson. Auch die alltäglichen und zwischenmenschlichen Probleme, die Parkinson mit sich bringt, werden thematisiert. Während Egon Negele seine Erfahrungen als Betroffener weitergibt, reflektiert Co-Autorin Ulla ihre Sichtweise als Angehörige.

Weitere Infos unter:
www.parkinson-wegweiser.de

 

 

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Author: Dagmar Krutoff

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